Das Leben eines Tänzer-Trainers

Bei der GCG gibt es viele Stadtgardentänzerinnen, die außerdem einen Trainer- bzw. Co-Trainerjob im Verein übernommen haben. Wir wollen euch einen Einblick in das Leben einer Tänzer-Trainerin geben:

Ich bin nun mein drittes Jahr als Co-Trainerin in der Prinzengarde aktiv. Angefangen hatte ich nur als Trainerin, da ich eine kurze Tanzpause bei der Stadtgarde eingelegt hatte. Im letzten Jahr lernte ich die Doppelbelastung als „Tänzer-Trainerin“ kennen.

Nach den Trainingseinheiten der Prinzengarde bleibe ich nun weitere zwei Stunden und stellte mich auf die andere Seite der Halle, um selbst Schwierigkeiten zu üben, Feinheiten zu verbessern und an meiner Kondition zu arbeiten. Meiner Meinung nach stellt sich jede Tänzerin manchmal die Frage: „Wieso mache ich das eigentlich alles?“. Als stellt man sich diese vor allem, wenn man morgens um sieben Uhr aus dem Haus geht, um an die Arbeit zu fahren, um von dort direkt ins Kindertraining zu hetzen und dann (meist ausgehungert, weil keine Zeit mehr war beim Bäcker anzuhalten oder Obst zu schnibbeln) selbst im Training steht. Außerdem stellt man sich diese Frage, wenn man neben den zwei komplett vollen „Gardetagen“ noch weitere Male unter der Woche oder an Wochenende in die Halle kommt um sich neue Schritte und Bilder für Marsch- oder Schautänze auszudenken. Schon zum Anfang der Saison hat man das Gefühl mehr in der Kulturhalle als in seiner Wohnung zu sein. Und das ist noch die ruhige Zeit bevor die Turniere und der Karneval losgehen.

Nach den Sommerferien hat man schon als „nur“ Stadtgarden-Tänzerin kaum ein freies Wochenende. Denn dann heißt es Trainingslager, Kostümanprobe, Sondertrainingseinheiten und so weiter und so fort. Außerdem kommt natürlich das regelmäßige Freitagstraining zu den zwei Trainingstagen unter der Woche hinzu. Aber auch bei den Prinzen-Mädels stehen Trainingslager, Kostümanproben und Sondertrainingseinheiten an. Dies bedeutet für mich (und im Fall der Prinzengarde auch für Alena) dass ich an einem Wochenende von Freitag bis Sonntag als Tänzerin in der Halle stehe und am nächsten Wochenende verbringe ich Samstag und Sonntag als Trainerin in der Halle. Dabei sprechen sich Prinzen- und Stadtgarde so gut ab, dass ich direkt im Anschluss an das Prinzentraining die Halle wechseln kann, um noch weitere zwei Stunden mit der Stadtgarde verbringen zu können. In dieser Zeit machen wir Aufstellungen und Kostümanproben.

Die Turnierwochenenden, wenn wir nicht in Baunatal oder Kassel starten, überfordern mich immer wieder aufs Neue. Freitagabends stehe ich im Stadtgardentraining und mir fällt auf: „Mist! Ich habe noch nicht gepackt und morgen geht‘s um sieben Uhr los.“ Nun denn… nach dem Training wird geduscht, gepackt, noch mal ausgepackt, um auch wirklich sicher zu sein, dass man alles für die Nacht und für den Stadtgarden-Turniertag hat und wieder eingepackt. Entspannt und nicht mal sehr müde, da ich die vergangenen fünf Wochentage um dieselbe Zeit aufgestanden bin, geht es zum Bus und dann Richtung Turnier. Auf der Fahrt machen wir Trainer uns bereits erste Gedanken um den Ablauf des Tages und die Kabinensituation, die nicht immer optimal ist. Dann fällt Alena und mir ein: „Wie kommen wir denn eigentlich zum Hotel?“ Eine Nachricht an Denis, der mittlerweile zum privaten Taxifahrer wurde, und nach einer schnellen Antwort können wir bereits wieder ausatmen und wissen, dass wir nach dem Turniertag, der auch ohne selbst zu tanzen wirklich anstrengend ist, sicher ins Hotel gebracht werden. So sparen wir uns zwei Busfahrten und sind so etwas ausgeschlafener. In der Turnierhalle angekommen verstaue ich meinen Koffer irgendwo in der ohnehin schon viel zu kleinen Kabine und dann starten wir gemeinsam mit dem Schminken und Haare machen. Danach geht es ans Warm machen und so langsam werfen wir Trainer uns hektische Blicke zu. „Sind wir im Zeitplan?“ „Sind die Mädels gut drauf?“ „Hoffentlich klappt alles!“ Das sind nur einige Gedanken, die uns dabei durch den Kopf gehen. Auf dem Weg zur Bühne sterbe ich innerlich fast vor Aufregung und wieder stellt sich die bekannte Frage: „Wieso mache ich das eigentlich alles?“ Natürlich zeige ich das nicht und bleibe nach außen ganz cool und locker und versuche die Kids von ihrer eigenen Aufregung abzulenken. „Macht es einfach wie im Training“, hört man sich selbst sagen und ich muss schmunzeln, weil ich weiß, dass ich ungefähr so einen Satz am nächsten Tag von Anca oder Aggi im Motivations-Kreis hören werde. Franzi verabschiedet sich, um den Aufmarsch komplett zu sehen… ein letzter nervöser Blick wird ausgetauscht. Die Mädels marschieren los… ich warte auf Alena und dann rennen wir, um unsere Mädels tanzen zu sehen.

Spät abends im Hotel flechten wir uns die Haare, springen schnell unter die Dusche und sehen zu, so schnell wie möglich ins Bett zu kommen. Denn der Wecker klingelt auch am Stadtgarden-Turniertag früh und ein Taxi fährt uns, zu meinem Bedauern ohne vorher zu Frühstücken, wieder zur Turnier-Halle.

Und wenn man am nächsten Tag im Kostüm vor genau derselben Bühne steht wie die Kids am Tag zuvor, macht das die Aufregung in keinem Fall kleiner… nur anders. Man hört die Trainer Dinge sagen, die am Tag zuvor noch aus dem eigenen Mund kamen und bittet genauso wie die Mädels am Tag zuvor um ein Hosenbein, um noch einmal die schwitzenden Hände trocken zu bekommen.

In der Kampagne habe ich in diesem Jahr nur einmal für die Stadtgarde tanzen müssen. Dennoch war ich bei jedem einzelnen Karnevalstag da, um den Mädels die Haare zu machen, sie anzuziehen und pünktlich auf die Bühne zu schicken. Wer braucht schon nach den Turnierwochenenden mal freie Zeit? Wir Tänzer-Trainer bzw. Trainer im Allgemeinen anscheinend nicht. Denn nach der Kampagne geht der Trainingslagerkreislauf beider Garden direkt wieder von vorne los.

Und dann ist es schon so weit: Die zwei wichtigsten Turniere stehen an. Die Vorbereitungen laufen bei mir genauso chaotisch und ungeplant wie bei den vorherigen Turnieren. Und auch die Aufregung vor der Bühne am Samstag ist genau dieselbe wie in den Wochen zuvor. Und wieder warte ich auf Alena und wir rennen, um die letzten Tänze der Saison von UNSEREN Mädels genießen zu können.

Und genau in diesem Moment weiß man, wieso man es liebt doppelt so viel Zeit in der Halle zu verbringen wie seine Mittänzerinnen. Man ist stolz auf die Leistungen der Mädels. Man sieht, wie sich das Training und auch einzelne Kritiken gegenüber den Mädels lohnen. Denn auf der Bühne setzten sie es um und wir stehen hinten und strahlen mit unseren Tänzerinnen auf der Bühne um die Wette. Wenn man sieht wie die Mädels voller Freunde den Tanz tanzen, den du dir gemeinsam mit deinem Team in vielen zusätzlichen Hallenzeiten ausgedacht hast, ist das ein unbeschreibliches Gefühl. Selbst wenn die Wertungen für die gezeigten Tänze unserer Meinung nach nicht immer gerechtfertigt sind freuen wir uns gemeinsam über die Leistungen, die wir aus den Mädels rausgeholt haben. Mit ihren Tänzen und ihrer Begeisterung geben uns die Tänzerinnen so viel zurück. Ihnen ist das vermutlich nicht bewusst, war es mir auch nicht bevor ich nicht selbst auf der Trainer-Seite stand, aber genau für solche Momente hetzt man gerne durch sein Leben und verbringt die Zeit vor dem SG-Training bereits in der Halle anstatt im Schwimmbad oder auf der Couch oder sonst wo.

Stolz auf jemanden sein zu können, der nicht das eigene Kind ist, ist etwas ganz Besonderes. Diese Erfahrung kann man nicht in vielen Bereichen des Lebens machen. Aber zusätzlich kann man als Tänzer-Trainerin nach dem eigenen Tanz auch stolz auf sich selbst und das eigene Team sein.

Meiner Meinung nach macht diese Kombination unser „Hobby“ zu etwas Einzigartigem.

Eure

Bella